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Interview zum FGH Online-Seminar „Grundlagen der Energiewirtschaft“

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Interview zum FGH Online-Seminar „Grundlagen der Energiewirtschaft“

Vom 05.09. - 09.09.2022 findet das Online-Seminar „Grundlagen der Energiewirtschaft“ statt.

Zum anstehenden Seminar hat Andrea Schröder, Leiterin der Akademie, den Referenten Peter Mang interviewt.

Andrea Schröder: Herr Mang, das Thema sichere Energieversorgung ist momentan aus aktuellem Anlass sehr im Fokus. Hier wird immer wieder der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien als geeignetes Mittel zur Krisenbewältigung angemahnt. Wie schnell wird es und gelingen, unsere Energieversorgung umzustellen?

Peter Mang: Das Thema Versorgungssicherheit wird uns noch sehr lange und sehr intensiv beschäftigen. Momentan tragen die erneuerbaren Energien zu etwas mehr als 40 % zur Deckung unseres Strombedarfs bei. Da elektrische Energie allerdings nur etwa 20 % unseres Endenergiebedarfes abgedeckt, erahnt man die Dimension des Umbaus. So haben im Jahr 2021 Photovoltaik und Windkraft gerade mal 4,8 % zum Gesamt-Primärenergiebedarf, der letztlich unsere Treibhausgasemissionen bestimmt, beigetragen. Hinzu kommt, dass durch die sehr wahrscheinliche Abschaltung der letzten 3 Kernkraftwerke Ende dieses Jahres allein bis zu 5000 Windkraftanlagen (aktuell sind es ca. 30000) an Land installiert werden müssten, um die wegfallenden Energiemengen CO2 -arm zu ersetzen. Um dies mit Photovoltaik zu machen, müssten ca. 33 GW neue Anlagen installiert werden, was in etwa der Hälfte, der seit 20 Jahren gesamten installierten Leistung aller PV-Module entspricht. Bevor uns also erneuerbare Energien (Stromerzeugung 2021 ca. 240 TWh) von russischem Erdgas unabhängiger machen, müssen wir zunächst einmal ca. 70 TWh Strom aus Kernkraft (Erzeugung 2021) ersetzen. Hinzu kommt aber noch, dass die gesicherten Leistungen der Kernkraftwerke und der schon zur Stilllegung festgelegten Kohlekraftwerke irgendwie ersetzt werden müssen. Bisher hat man hier fast ausschließlich auf russisches Erdgas und den Neubau von ca. 60 – 80 Erdgaskraftwerken gesetzt. Neben der Technologiefrage ist hier auch die Finanzierung völlig offen.

Andrea Schröder: Apropos Kosten. Neben der Versorgungssicherheit ist auch die Bezahlbarkeit der Energie aktuell ein Brennpunktthema. Verschafft uns da wenigsten die Abschaffung der EEG-Umlage bei den Strompreisen etwas Luft?

Peter Mang: Da die EEG-Umlage schon durch Bundesmittel auf unter 4 ct/kWh gesenkt wurde, fällt die Entlastung zum 01. Juli dementsprechend aus. Da sich aber die Preise an der Strombörse aufgrund der gestiegenen Brennstoff- und CO2 – Zertifikatskosten ( Grenzkosten, Merit-Order der Kraftwerke und Strompreisbildung an der Börse sind zentrale Themen des Seminars) gegenüber 2020 in etwa vervierfacht haben, bleibt unterm Strich eine Strompreissteigerung. Da parallel zum verstärkten Ausbau von Photovoltaik und Windkraft (Biomasse und Wasserkraft werden nur eine untergeordnete Rolle spielen) aber die Transport- und Verteilnetze, Umspannanlagen und Ortsnetzstationen in immensen Größenordnungen verstärkt und ausgebaut werden müssen, werden die Netzentgelte in den kommenden Jahren stark steigen. Hierbei ist das Thema Stromspeicher noch gar nicht auf der Agenda. Alles in allem ist mit weiter hohen bzw. steigenden Strompreisen zu rechnen.

Andrea Schröder: Sie werfen in dem Online-Seminar auch einen Blick in die Zukunft – die Versorgung mit Wasserstoff. Wie sehen Sie hier die Entwicklungen?

Peter Mang: Wasserstoff wird sicherlich eine entscheidende Rolle in einem zukünftigen Energieversorgungssystem spielen. Entscheidend sind seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Ich komme aus dem Saarland, wo das Thema Stahlerzeugung eine ganz zentrale wirtschaftliche und damit auch existenzielle Bedeutung für den Fortbestand dieses Bundeslandes hat. Daher geht man das Thema sowohl von den Unternehmen als auch von der Politik mit Nachdruck an, aber schon jetzt ist klar, dass die Transformation zum „grünen“ Stahl ein aufwendiger und langwieriger Prozess sein wird. Auch dieser Aspekt wird neben der Vorstellung der unterschiedlichen „Wasserstofffarben“ in dem Seminar behandelt. Man darf beim Wasserstoff aber nicht vergessen, dass es „lediglich“ ein Energieträger ist, der in einem zukünftig sehr viel stärker elektrifizierten Versorgungssystem (Stichworte E-Mobilität und Wärmepumpen) wieder in elektrische Energie umgewandelt werden muss. Und da sind wir wieder bei der Frage der Kraftwerkstechnologie.

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M.A. Barbara Schumacher
M.A. Barbara Schumacher
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